„Nacht über Wattenscheid“ – Unter diesem Titel erschien 2009 eine von Hartmut Schürbusch und Alfred Winter zusammengestellte Chronik des Zweiten Weltkriegs in der Hellwegstadt. Tatsächlich waren die Zerstörungen in der Stadt gewaltig. Der Krieg brachte unermessliches Leid und immense Sachschäden. Es war tatsächlich die dunkelste Zeit in der Geschichte der Stadt: „Nacht in Wattenscheid“.
Vor allem an der Oststraße und im Bereich der Freiheit- und Voedestraße, aber auch im Verlauf der Hochstraße und der Bochumer Straße waren viele Häuser zerstört. Große Schäden verzeichnete auch die Straßenbahn. Darüber berichtet die erhaltene gebliebene Betriebstagebuch des Betriebshofes Gelsenkirchen: So brannte ein Triebwagen während eines Luftangriffs an der Friedenskirche aus. An der Querstraße wurden der Triebwagen 518 und der Beiwagen 384 getroffen.
1943 musste der Straßenbahnverkehr erstmals aufgrund von Luftangriffen eingestellt werden. Immer wieder gelang es jedoch den Behörden und der Straßenbahn den Betrieb wieder aufzunehmen. Vollständig ausgesetzt wurde der Verkehr erst im Zusammenhang mit der Besetzung der Betriebshöfe durch amerikanische Truppen am 9. April 1945.
Die Bilanz des Krieges war erschütternd: 48 Luftangriffe, der erste am 2. Juni 1940, der letzte am 2. April 1945, hatten der Stadt gegolten. 328 Menschen waren zu Tode gekommen. Rund 45 Prozent der Wohnungen waren zerstört.
SCHNELLE INBETRIEBNAHME
Die Besatzungstruppen hatten schnell erkannt, wie wichtig die Städteverbindung von Bochum nach Gelsenkirchen für das öffentliche Leben war. Deshalb unterstützten sie eine zügige Wiederinbetriebnahme der Straßenbahn.
Die Linie 2 konnte bereits am 25. Mai 1945 zwischen der Friedenskirche und der Wattenscheider Straße in Bochum den Verkehr aufnehmen. Vom 26. Mai 1945 an war auch die Strecke von Wattenscheid zum Gelsenkirchener Hauptbahnhof in Betrieb. Der Anschluss von der Wattenscheider Straße zum Bochumer Rathaus wurde am 2. Juli 1945 hergestellt.
MÜHSAMER WIEDERAUFBAU
Der Wiederaufbau der Wattenscheider Innenstadt war mühsam. Das dokumentiert auch das Beitragsbild (Sammlung Joseph Gerwens – Sammlung Ludwig Schönefeld). Es zeigt die Oststraße um 1950: Viele Häuser sind in den oberen Geschossen zerstört. Der Wiederaufbau hat gerade erst begonnen.
Der auf der Linie 2 eingesetzte, nach Gelsenkirchen fahrende Straßenbahnzug führt einen ehemaligen Beiwagen der Westfälischen Straßenbahn mit. Nur fünf diese zwischen 1914 und 1920 gebauten Fahrzeuge hatten den Krieg überstanden. Links ist an der Karosserie die Aufschrift „NO PASSING THIS SIDE“ zu lesen. Sie sollte insbesondere die britischen Besatzungssoldaten daran erinnern, die Straßenbahn auf eingleisigen Strecken in Mittellage nicht links und damit im Konflikt mit dem Rechtsverkehr zu überholen.
Als das Foto aufgenommen wurde, war auch der Abzweig in die Westenfelder Straße noch befahrbar. Der Gleisstumpf und der Gleiswechsel wurde vorübergehend noch für Einlege- und Sonderwagen genutzt.
In der gleichen Zeit entstand das nachfolgende Postkartenmotiv des Wattenscheider Postamtes. Auch der in der Ausschnittvergrößerung erkennbare Triebwagen trägt den englischen Warnhinweis.
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