KONKURS

Trotz der Verlängerung der Linie Herne – Höntrop zum Bahnhof Höntrop blieb die Linie G unwirtschaftlich. In Wattenscheid konnten und wollten sich viele Menschen die vergleichsweise teure Fahrt mit der Straßenbahn auch nicht leisten. So wie die Schulklasse auf dem zwischen 1927 und 1929 im Zusammenhang mit dem Ausbau der Westenfelder Straße aufgenommenen Beitragsbild (Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte).

Auch ein Teil der übrigen Linien der Westfälischen Straßenbahn warf kaum Profit ab. Mit Ausnahme der Stadtlinien der ehemaligen Märkischen Straßenbahn in Witten verbanden sie kleine Landgemeinden. In der Straßenbahn-Euphorie zu Beginn des Jahrhunderts hatte man überhöhte Erwartungen an die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger gestellt.

Anders lagen die Dinge bei der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn. Sie betrieb die wichtigen Verbindungen zwischen den zu Industriezentren angewachsenen Großstädten im mittleren Ruhrgebiet.

Die Westfälische Straßenbahn hatte einen Ausweg aus der Finanzkrise in einer Ausweitung ihres Angebotes gesucht, aber nicht gefunden. So musste sie am 12. Dezember 1931 wegen Überspannung ihrer finanziellen Möglichkeiten und einer finanziell nicht genügend fundierten Expansionspolitik Konkurs anmelden. Zuvor hatten der Hauptgläubiger, die „Bank voor Financierung von Elektricitäts-Onderneemingen Amsterdam“, die 1,8 Millionen Gulden von der Westfälischen Straßenbahn zu forderte, sowie die Städte Bochum, Witten und Wattenscheid und Privatgläubiger ihre Rechte geltend gemacht.

Am 16. Januar 1932 fand im Amtsgericht Bochum die erste Gläubigerversammlung statt. Nach einem Bericht der Wattenscheider Zeitung vom selben Tag legte der Konkursverwalter dar, dass die zwölf Straßenbahn- und die zwei Omnibuslinien bis 1930 regelmäßig Überschüsse erzielt hätten, dass sich jedoch im Jahr 1930 ein Verlust in Höhe von 219.700 Reichsmark ergeben habe. Nach Vornahme der Abschreibungen hätte sich Ende 1930 ein Gesamtverlust von 2,75 Millionen Reichsmark ergeben.

Die Gläubiger bildeten einen Gläubigerausschuss. Dieser wurde mit Vertretern der holländischen Bank, der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen, die für den Kredit die Bürgschaft übernommen hatten, sowie mit Vertretern der Städte und Privatgläubiger besetzt. Die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn AG wurde mit der Weiterführung des Straßenbahnbetriebes auf Rechnung der Konkursmasse beauftragt.

BOCHUMER INTERESSEN

Der Stadt Bochum kam der Konkurs der Westfälischen Straßenbahn gelegen. Im Zuge der Kommunalreform vom 1. August 1929 waren unter anderem die Gemeinden Laer, Werne, Gerthe, Somborn und Langendreer nach Bochum eingemeindet worden. Somit war die Stadt als Rechtsnachfolgerin Gesellschafterin der Westfälischen Straßenbahn mit der Verpflichtung, die im Straßenbahnverkehr entstehenden Verluste auszugleichen.

Als Großaktionär der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn war die Stadt Bochum an einem Zusammenschluss der Verkehrsbetriebe unter dem Dach der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG interessiert.

Nachteile ergaben sich dagegen für die Städte Herne, Wattenscheid und Witten, die nun auf den Einfluss, den sie bei der Westfälischen Straßenbahn als Gesellschafter genossen hatten, verzichten mussten.

AN DEN RAND GEDRÄNGT

Dass es auch in den 1930er-Jahren für die Linie G nicht gut aussehen würde, könnte man aus der nachfolgenden, kleinen Bildfolge ableiten. Wie das Beitragsbild entstand auch diese zweite Aufnahme im Zusammenhang mit dem Ausbau der Westenfelder Straße, der die Straßenbahn buchstäblich an den Rand drängte (Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte).

  • Die Straßenbahn spielte Ende der 1930er-Jahren nicht mehr die Hauptrolle.
    Das Foto dokumentiert Vermessungsarbeiten für den Neubau der Westenfelder Straße.
    Stadtarchiv - Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte