VERBANDSTYPEN
Parallel zu den Neubeschaffungen wurden auf den Fahrgestellen kriegszerstörter Fahrzeuge in der eigenen Werkstatt Ein- und Zweirichtungswagen (verschiedene Nummern) sowie fünf Gelenkwagen mit „schwebendem Mittelteil“ (Triebwagen 256 bis 260) nach Plänen des Verbandes öffentlicher Verkehrsbetriebe gebaut. Auch eine kleine Neubauserie (Triebwagen 181 bis 185 und Beiwagen 337 bis 340) entstand nach diesen Zeichnungen. So war bald wieder ein recht umfangreicher Fahrzeugbestand einsatzbereit.
Die im Volksmund bald als „Schüttelrutschen“ bezeichneten Gelenktriebwagen waren anfangs auch in Gelsenkirchen und damit gelegentlich auch in Wattenscheid zu sehen. Zuletzt waren sie über viele Jahre auf der Linie von Bochum nach Wanne-Eickel unterwegs.
Die zweiachsigen Einrichtungswagen wurden als „Elefanten“ bezeichnet. Einen dieser Wagen zeigt das von Dieter Höltge aufgenommene Beitragsbild am 17. November 1962 an der damaligen Haltestelle „Dellmannshof“, kurz vor der Stadtgrenze zwischen Bochum und Wattenscheid (Sammlung Stefan Höltge).
GROSSRAUMWAGEN
Ein bedeutender Fortschritt im Hinblick auf Modernität und Fahrkomfort war die Einführung der von der Düsseldorfer Waggonfabrik – Düwag – entwickelten Großraumwagen auf der Linie 2. Die Prototypen der formschönen Fahrzeuge kamen bereits 1952 in Fahrt. Bis 1954 wurden insgesamt 17 Triebwagen geliefert (Triebwagen 200 bis 216). Der zuletzt gelieferte Triebwagen 216 unterschied sich im Hinblick auf die Steuerung sowie auf die Gestaltung der Stirnfront von den zuvor gelieferten Fahrzeugen.
1964 wurden die Fahrzeuge durch das Einfügen eines neuen Mittelteils mit Gelenk zu größeren, sechsachsigen Gelenkwagen umgebaut.
Das folgende Foto vom 17. Mai 1964 zeigt den Großraumwagen 211 unmittelbar nach seinem Umbau zum Gelenktriebwagen während der Fahrt nach Bochum auf der Wattenscheider Straße (Foto Eduard J. Boumann – Sammlung Reiner Bimmermann).
EINRICHTUNGSWAGEN
1955 kam ergänzend eine Serie sechsachsiger Düwag-Einrichtungswagen in Fahrt (Triebwagen 250 bis 255). Der Typ hatte bei der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG wenig Erfolg, wurde aber in großen Stückzahlen von der aus der Süddeutschen-Eisenbahn Gesellschaft hervorgegangenen Essener Verkehrs AG beschafft und von dieser lange in Gelsenkirchen eingesetzt.
Nach anfänglichen Versuchen, die Wagen auf der Linie 2 zwischen Gelsenkirchen und Bochum einzusetzen, zum Teil auch mit vierachsigen Beiwagen, fanden die Triebwagen später auf der Linie von Bochum nach Wanne-Eickel ein passendes Einsatzgebiet. Zuletzt waren sie dann erneut in Gelsenkirchen im Einsatz. Bei Überführungs- und Fahrschulfahrten kamen sie auch in dieser Zeit immer wieder einmal durch Wattenscheid.
STANDARDWAGEN
Aab 1957 setzte die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG auf Gelenktriebwagen in Zweirichtungsbauart. Sie wurden in hohen Stückzahlen in mehreren Serien beschafft, die sich in der elektrischen Ausstattung und in der Inneneinrichtung je nach Baujahr geringfügig unterschieden. In den 1980er- und 1990er-Jahren, nach der Abstellung der Altfahrzeuge und Einrichtungswagen wurden diese Fahrzeuge als „Standardwagen Typ GT6“ bezeichnet (Triebwagen 261 bis 298 und 1 bis 53).
Auf dem nachfolgenden Bild legt sich der 1967 gebaute Triebwagen 43 an der Haltestelle „Wattenscheid Post“ dank der Straßenneigung dynamisch in die Kurve. Das Motiv wurde am 20. Juni 1978 aufgenommen (Foto Ludwig Schönefeld).
M-WAGEN
Mit dem von DUEWAG und Siemens in enger Zusammenarbeit mit den Verkehrsbetrieben im Ruhrgebiet entwickelten Stadtbahnwagen Typ „M“ kam 1976/77 erneut eine neue Straßenbahngeneration bei der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG zum Einsatz.
33 Triebwagen wurden 1976/77 mit einer Simatic-Steuerung geliefert, 22 weitere 1982 mit einer Chopper-Steuerung. Anfangs wurden die Wagen ausschließlich in Bochum und Gelsenkirchen eingesetzt, im Verlauf ihres langen Einsatzes kamen sie dann nach und nach auch auf alle anderen Linien. Ein Fahrzeug – Triebwagen 322 – gehört seit 2022 zum Museumsbestand der Verkehrshistorischen Arbeitsgemeinschaft der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG.
NIEDERFLUR UND VARIOBAHN
Auf die M-Wagen folgten in den Jahren 1992 bis 1994 die ebenfalls von DUEWAG und Siemens entwickelten Niederflurwagen des Typs NF6D. Für sie wurden zahlreiche Haltestellen umgebaut, um den Fahrgästen einen Einstieg ohne Trittstufen zu ermöglichen.
Die jüngste Fahrzeuggeneration in Wattenscheid sind die modernen Multigelenk-Niederflurwagen des Typs „Variobahn“ aus dem deutschen Montagewerk Pankow des Schweizer Fahrzeugherstellers Stadler. 30 Triebwagen der ersten Serie wurden zwischen 2008 und 2011 geliefert, eine zweite Serie von 15 Fahrzeugen folgte ab 2013. Ab 2016 folgte ein dritte, 42 Triebwagen umfassende Serie als Ersatz für die Niederflurwagen des Typs NF6D mit einer Option über acht weitere Fahrzeuge.
Einen der modernen Stadler-Triebwagen zeigt das nachfolgende Bild vom 17. Oktober 2021. Aufgrund von Gleisbauarbeiten wurde an diesem Tag der Gleiswechsel in der Lyrenstraße befahren (Foto Ludwig Schönefeld).
ABSTELLUNG DER ALTWAGEN
Die M-Wagen wurden zwischen 2001 bis 2019 bis auf eine geringe Reserve abgestellt. Fünf Triebwagen der ersten Serie konnten nach Łódź in Polen verkauft werden. Ein großer Teil der zweiten Serie gelangte zum Aufbau eines neuen Straßenbahnbetriebes nach Bursa in der Türkei. Triebwagen 340 wurde 2015 zu einem Schienenschleifwagen umgebaut.
Nachdem ausreichend „Variobahnen“ zur Verfügung standen, begann die forcierte Abstellung der Niederflurwagen der ersten Generation. Sechs Fahrzeuge wurden verschrottet, ein Fahrzeug wurde als Ersatzteilspender nach Mülheim abgegeben. Die restlichen Fahrzeuge konnte die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG zwischen 2017 und 2020 in mehreren Paketen vollständig an den Verkehrsbetrieb in Łódź verkaufen. Dort werden viele von ihnen nach einem technischen und optischen „Refit“ wohl noch einige Jahre im Einsatz bleiben.