1922 musste der Verkehr zwischen Herne und Höntrop erstmals eingestellt werden. Zu groß waren die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, zu gering die Fahrgeldeinnahmen. Die für das Titelbild dieses Kapitels verwendete Postkarte aus dem Frühjahr 1923 dokumentiert das zu diesem Zeitpunkt ungenutzte Streckengleis der Westfälischen Straßenbahn in der unteren Oststrasse (Verlag Cramers Kunstanstalt, Dortmund – Sammlung Ludwig Schönefeld).
Im April 1923 konnte der Verkehr wieder aufgenommen werden. Die Einschränkungen aufgrund der Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Soldaten führten jedoch immer wieder Unterbrechungen des Linienverkehrs. Die Lage stabilisierte sich erst nach der Einführung der Rentenmark im Oktober 1923 und ihrem Ersatz durch die neue Reichswährung im August 1924.
GEMEINSCHAFTSVERKEHR
Eine spürbare Verbesserung sollte ein Gemeinschaftsverkehre zwischen der Westfälischen Straßenbahn GmbH und der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG bringen. Die Anregung dazu gab der am 5. Mai 1920 durch die Preußische Landesversammlung in Berlin mit Sitz in Essen gegründete Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (SVR). Sein Nachfolger ist heute der Regionalverband Ruhr (RVR).
Das der Gründung des SVR zugrunde liegende Gesetz übertrug dem Verband als Kernaufgabe die „Förderung des Kleinbahnwesens“ im Ruhrgebiet. Ziel war es, ein zusammenhängendes und aufeinander abgestimmtes Nahverkehrsnetz zu schaffen. Dazu sollten die Gleisanlagen gemeinsam genutzt werden. Wo immer es die Spurweite der Strecken zuließ, sollten Verbindungen unter den Streckennetzen geschaffen werden.
An den Schnittstellen zwischen der Westfälischen Straßenbahn GmbH und der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG waren die Voraussetzungen für einen Gemeinschaftsverkehr gut: Beide Gesellschaften nutzen die gleiche Fahrdrahtspannung, die Oberleitungsanlagen waren nach gleichen Prinzipien für den Betrieb mit Schleifbügeln errichtet worden und für die Einstellung und die Schulung des Personals hatte man von Anfang an die gleichen Prinzipien zugrunde gelegt.